Den Ausschlag für das Projekt «Rettung der Waldbienen» gab die Revierförstertagung in Balsthal 2016. Dort wurde unter anderem über das Thema «Bienenförderung und Biodiversität im Wald» diskutiert, was das Interesse von Roger Zimmermann, Revierförster am Dorneckberg, weckte. Seit den frühen 1990er-Jahren arbeitet Zimmermann mit grossem Erfolg daran, sein 1050 ha grosses Forstrevier von der reinen Holznutzung hin zu mehr Naturschutz und Biodiversität umzustrukturieren und Waldareale ökologisch aufzuwerten. Seit fast 20 Jahren setzt der Betrieb keine Herbizide und Pestizide mehr ein. Das Forstrevier würde sich also bestens als Bienenhabitat eignen. Nur, Bienen fanden sich zur Verwunderung von Zimmermann keine in seinen Wäldern. Was lief falsch? Diese Frage liess den Förster nicht mehr los, der Funke zum Waldbienenprojekt war gezündet.
Ziel des Projektes ist es, Honigbienen an ihrem ursprünglichen Standort im Wald anzusiedeln, wo sie als wildlebende Bienen artgerecht und naturnah überleben können. Die Honigbiene soll den Wald wieder besiedeln. Weshalb ist das wichtig? Bis vor rund 150 Jahren war auf der gesamten Alpennordseite nur eine Bienenrasse verbreitet, die Dunkle Europäische Biene (Apis mellifera mellifera). Sie lebte als Insekt frei im Wald, meist unentdeckt. Heute ist die wildlebende Honigbiene aus unseren Wäldern praktisch verschwunden. In der Schweiz wird die Honigproduktion mit der Europäischen (oder Westlichen) Honigbiene (Apis mellifera carnica) oder der Buckfastbiene, einer Hybridzüchtung, betrieben. Es handelt sich dabei um (Hochleistungs)-Imkerei, die den Schwarmtrieb unterdrückt und mit Mittelwänden als Bauvorgabe für die Waben die Aufzucht von Drohnen weitgehend verhindert. Schwärmen diese trotzdem, werden sie in der Regel wieder eingefangen.
2019 hielten in der Schweiz rund 17 000 Bienenzüchter ca. 180 000 Völker, darunter 3000 Völker mit Dunklen Bienen. Im Bezirk Dorneck halten 76 Imker rund 760 Völker. Umgerechnet auf die gesamte Fläche sind das rund zehn Völker pro km2 . Die Völkerdichte ist im Vergleich zu anderen Landesteilen, hoch. In Dornach und Gempen liegt sie wohl bei ungefähr 50 Völkern pro km2.
Mit unserem Waldbienenprojekt stellen wir nicht die moderne Imkerei infrage, sondern wollen diese mit der Förderung wildlebender Völker im Wald ergänzen. Zentral ist für uns die positive Zusammenarbeit mit den Imkern und der Land- und Forstwirtschaft. Dazu gehört, dass wir sie nicht betreuen, keinen Honig ernten, sie schwärmen und auch neue Höhlen besiedeln lassen. Als stabile Populationen sollen die Bienen zur Biodiversität im Wald beitragen. Die Ansiedlung erfolgt in eigens gefertigten Klotz- und Baumbeuten.
Nachdem die meisten Bienen durch das offene Spundloch in die aufgehängte Klotzbeute eingewandert sind, sammeln sich die noch draussen Verbliebenen und verschwinden in die Beute. Die von uns hergestellten Beuten werden mit Sensoren ausgestattet um diverse Daten wie Niederschlag, Aussen- und Innentemperaturen, Luftfeuchte usw. aufzunehmen. Die Installation der Solarpanels und die Schaffung der Baumbeute ist aufwändig, da sich der Arbeitsplatz rund sechs Meter über dem Wald Boden befindet. In unserem Projekt setzen wir die Honigbiene Apis mellifera carnica aus regionalen Imkereien ein. Die ‹Carnica› wurde als Hochleistungsbiene gezüchtet, die heute bis zu viermal mehr leistet als noch in den 1960er-Jahren. Der Einsatz dieser Biene mag erstaunen, fördern wir doch damit die artgerechte Bienenhaltung im Wald. Dies würde eigentlich den Einsatz der Dunklen Biene, deren Habitat ehemals der Wald war, gerechtfertigt erscheinen lassen. Da es sich jedoch um ein Pilotprojekt handelt, müssen wir zunächst in der Öffentlichkeit, bei Imkern und Naturschutzorganisationen Aufklärungs- und Informationsarbeit leisten, um Missverständnisse aufzuklären wie etwa eine befürchtete Konkurrenz zu solitären Wildbienen. Waldbienen stellen jedoch keine Konkurrenz dar, da wir uns auf der rund 1000 ha grossen Waldfläche des Forstreviers auf ein Bienenvolk pro 100 ha begrenzen. Als Pionierprojekt, dass die Biodiversität im Umkreis der Bienenvölker erhebt, können diese Daten zukünftig auch für Aufwertungsprojekte im Rahmen der Biodiversitätsförderung genutzt werden. Sie können aber auch für Imker und den Naturschutz interessant sein.
Bienen sind aufgrund ihrer Bestäubungsfunktion eine enorm wichtige Schlüsselart im Ökosystem. Nicht zuletzt aufgrund menschlichen Handelns sind die Lebensräume und das Nahrungsangebot in den letzten Jahrzehnten stark zurückgegangen, aus dem Wald ist die Biene gar weitgehend verschwunden. Das Projekt „Förderung der wildlebenden Honigbiene im Wald“ zeigt auf, wie insbesondere die Forstwirtschaft den Wald künftig „bienenfreundlicher“ gestalten kann. Von besonderer Bedeutung sind nebst vermehrt wieder grossen und mächtigen Bäumen ein umfangreiches Nahrungsangebot über das ganze Jahr in Waldrändern und Hecken. Ein Solches kann nicht zuletzt dank den Ergebnissen aus dem vorliegenden Projekt optimiert werden. Davon profitieren bestäubende Insekten und die Artenvielfalt insgesamt, und im speziellen die Bienen ob wildlebend oder als Nutztier zur Honigproduktion. Die Zusammenarbeit und ein gewinnbringendes Miteinander mit Fachpersonen, der Imkerei und der Landwirtschaft ist für das Projekt dabei von hoher Wichtigkeit.